Der Tanganjikasee in Ostafrika ist der zweittiefste und zweitälteste See der Welt. Er ist bekannt für seinen extremen Reichtum an unterschiedlichsten Tierarten – vor allem an Fischen -, von denen die überwiegende Mehrheit ausschließlich in diesem See vorkommt. ZoologInnen der Karl-Franzens-Universität Graz rund um Priv.-Doz. Dr. Stephan Koblmüller untersuchen bereits seit Jahren jene Faktoren und Prozesse, die dieser Vielfalt zugrundeliegen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass zahlreiche Fischarten des Tanganjikasees ihre eigene Parasitenfauna haben, was bedeutet, dass sich viele Parasiten ganz spezifisch an eine bestimmte Wirtsart, an einen bestimmten Fisch, angepasst haben und nur diese befallen. Diese hohe Wirtsspezifität wurde vor allem dadurch erklärt, dass die einzelnen bisher untersuchten Fischarten üblicherweise in großer Anzahl in ihrem bevorzugten Lebensraum zu finden sind und somit die Parasiten kein Problem haben einen passenden Wirt zu finden. Dies gilt allerdings nur für die arten- und individuenreichen Lebensräume im seichten Wasser, die bislang bevorzugt untersucht wurden.
Ein internationales Forscherteam mit starker Beteiligung der Uni Graz hat nun im Tanganjikasee – die maximale Tiefe beträgt dort 1470 Meter – eine Fischparasitenart gefunden, die auch nicht enger miteinander verwandte und bei der lokalen Bevölkerung als Speisefische hochgeschätzte Wirtsarten befällt. Diese Art gehört zur Gruppe der Plattwürmer, die sich eigentlich als besonders wählerisch bei der Auswahl der Wirte auszeichnet. Die ForscherInnen vermuten, dass dies mit dem Vorkommen in tieferem Wasser zusammenhängt, da dort die Fischdichten viel geringer sind. Folglich ist die Auswahl an potenziellen Wirten begrenzt. „Der Tanganjikasee ist eines der wenigen Süßwassersysteme, die eine eigene Tiefwasserfauna aufweisen, und hier konnten wir zum ersten Mal ein Phänomen in Binnengewässern aufzeigen, das bereits aus dem Meer bekannt ist. Die zeigt einmal mehr, wie einzigartig der Tanganjikasee und seine Fauna sind und wie anhand dieses Systems wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen werden können, wie biologische Vielfalt entsteht und sich an den jeweiligen Lebensraum anpasst“, sagt Koblmüller.
Die Ergebnisse dieser Studie sind nun in der hochrangigen Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen.Kmentová N, Gelnar M, Mendlová M, Van Steenberge M, Koblmüller S & Vanhove MPMl. 2016. Reduced host-specificity in a parasite infecting non-littoral Lake Tanganyika cichlids evidenced by intraspecific morphological and genetic diversity. Scientific Reports (www.nature.com/articles/srep39605).