Welche Prozesse führen dazu, dass sich im Zuge einer Erkrankung Zellen des Herzens verändern und das Organ schlussendlich an Leistungsfähigkeit verliert? Wie könnte man die Fehlentwicklung stoppen oder sogar rückgängig machen? Antworten auf diese und ähnliche Fragen zur Entstehung von Krankheiten sucht Sebastian Preissl. Dabei richtet der Leiter des Bereichs Pharmakologie und Toxikologie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Uni Graz seinen Blick auf die Epigenetik und die Zusammenarbeit verschiedener Zellen. Die Epigenetik beschreibt Veränderungen in der Genaktivität, beeinflusst durch Umweltfaktoren wie Ernährung, Lebensstil oder Stress.
„Gewebe wie das Herz bestehen aus vielen verschiedenen Zelltypen mit unterschiedlichen Funktionen. Epigenetische Mechanismen kontrollieren im Zusammenspiel mit weiteren molekularen Prozessen, welche Gene der DNA in den verschiedenen Zelltypen abgelesen, also aktiviert werden“, erklärt Preissl. Er erforscht, wie dieses Ablesen reguliert wird und welche Veränderungen dazu beitragen, dass Gene zu stark oder zu schwach aktiviert werden, sodass es zu Fehlfunktionen kommt. Ziel ist, die molekularen Mechanismen bei der Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen, um innovative Ansätze für Vorbeugung und Therapie entwickeln zu können.
„Uns interessieren auch Zusammenhänge zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder dem natürlichen Prozess des Alterns“, berichtet Preissl. „Außerdem erforschen wir, wie die Wechselwirkung zwischen Herzmuskelzellen und den anderen Zelltypen im Gewebe an der Krankheitsentstehung beteiligt ist bzw. wie sich diese Interaktion in der Folge verändert“, ergänzt der Pharmakologe. Dabei hat er immer auch mögliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Blick.
Einen weiteren Fokus richtet Preissl mit seinem Team auf die erbliche polyzystische Nierenerkrankung, von der über zwölf Millionen Menschen betroffen sind, sowie auf die Entwicklung von Makrophagen der Haut vor und nach der Geburt. Diese Immunzellen erfüllen zahlreiche Aufgaben, von der Abwehr von Krankheitserregern bis zur Gewebereparatur. Ziel der Grundlagenforschung ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, die neue Möglichkeiten sowohl für Prävention als auch für Diagnose und Therapie eröffnen.
Sebastian Preissl hat an der Universität Freiburg/Deutschland Pharmazie studiert und promoviert. Nach sechseinhalb Jahren am Ludwig Institute for Cancer Research und an der University of California San Diego, beide in La Jolla/California, übernahm er 2021 an der Uni Freiburg eine Vertretungsprofessur am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie. Seit Oktober 2024 ist er an der Universität Graz Professor für Pharmakologie und Toxikologie. An der Uni Freiburg leitet er weiterhin eine Arbeitsgruppe. In Graz schätzt Preissl zum einen das exzellente Forschungsumfeld. Zum anderen stimmt auch die Lebensqualität, die jener in der Universitätsstadt Freiburg in vielem ähnelt.
Wer sich für die chemischen Prozesse und molekularen Mechanismen im Körper sowie die Wirkweise und Herstellung von Arzneimitteln interessiert, kann an der Uni Graz Pharmazeutische Wissenschaften studieren.