Für Jahrzehnte war es undenkbar, dass eine einfache Infektion plötzlich zur Lebensgefahr wird. Doch genau das ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine der größten drei Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit. Der Grund: Die zunehmende Ausbreitung multiresistenter Bakterien, welche bis 2050 für rund zehn Millionen Todesopfer sorgen könnten. Rund um den Globus suchen Forscher:innen daher nach neuen Behandlungen gegen lebensbedrohliche Krankenhauskeime.
Eine vielversprechende Lösung sind Peptide – winzige Proteine, die Nermina Malanovic an der Universität Graz erforscht. Diese kleinen Moleküle können in die Außenwand von Zellen eindringen und diese aufknacken. Ohne diese schützende Haut können Bakterien nicht überleben. So können die Organismen gestoppt werden, bevor sie Schaden anrichten. Inzwischen hat Malanovic bereits zwei Patente für ihre Forschung eingetragen.
Präklinik
Dank ihres Erfolgs wird Nermina oft gefragt, wo man diese Peptide bekommen kann. Bisher lautet die Antwort leider noch: nirgendwo. Das könnte sich jedoch bald ändern. „Ein Medizin-Inkubator ist auf meine Forschung aufmerksam geworden“, erklärt Malanovic. Das Unternehmen finanziert mit einem siebenstelligen Betrag die präklinischen Studien – der erste Schritt in der Entwicklung von Medikamenten.
Das stellt auch die Forscherin vor neue Herausforderungen. „Man muss die Wirkmechanismen wirklich gut verstehen, um die Versuche in der Präklinik richtig zu planen“, erklärt die Mokularbiologin. Sie ist daher laufend im Austausch mit den Experten des Inkubators. Inzwischen hat sie auch ein Team von Studierenden an ihrer Seite, die sie bei der Weiterentwicklung unterstützen.
Krebsforschung
Neben der Bekämpfung der gefürchteten Krankenhauskeime sieht die Forscherin eine weitere mögliche Anwendung. „Eines der Patente fokussiert sich auch auf die Behandlung von Krebszellen“, sagt Malanovic. Die bisherigen Studienergebnisse stimmen sie zuversichtlich, dass Peptide auch in der Lage sind, die Außenhülle von bösartigen Tumorzellen zu zerstören. „Das wäre ein komplett neuer Ansatz in der Krebstherapie“, sagt Malanovic.
Bis aus ihrer Forschung marktreife Wirkstoffe werden, ist es noch ein weiter Weg. Denn, sobald die Herausforderungen Präklinik gemeistert sind, beginnt die schwierigste Phase: die klinischen Tests an Menschen. Dafür werden dann weitere Investoren gebraucht. Doch das ist noch Zukunftsmusik. „Für jetzt gilt einmal: „Hackln, Hackln, Hackln“, betont Malanovic.