In jeder einzelnen Zelle unseres Körpers gibt es eigene Moleküle, die ständig die Bausteine des Organismus produzieren. Diese sogenannten Ribosomen werden auch selbst mit enormer Geschwindigkeit permanent reproduziert. Wie dieser Vorgang im Detail abläuft, ist das Spezialgebiet von Brigitte Pertschy. „Es handelt sich um einen sehr zentralen, lebenswichtigen Prozess, der aber noch wenig untersucht ist. Durch unsere Grundlagenforschung können wir unter anderem die Basis schaffen, um die Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen“, erklärt die Biowissenschafterin. In ihrer neuesten Publikation im soeben erschienenen Fachmagazin Nature Communications beschreibt sie, wie die „Arbeiter“, die diese Protein-Fabriken zusammenbauen, miteinander kommunizieren.
Die Ribosomen bestehen aus einem langen RNA-Faden, der zigfach gedreht und gefaltet ist. Daran sind ebenso komplex ausgeprägte Proteine angeordnet. Diese Struktur ist bis ins kleinste Detail vorgegeben. „Mehrere hundert Assemblierungsfaktoren schneiden und falten die Teile des Ribosoms zurecht, wie Arbeiter auf einem Baugerüst“, beschreibt Pertschy. „Stoppt man den Prozess an einer Stelle, wird kurz darauf nirgends mehr weitergebaut“, hat sie beobachtet. Wie aber wissen die Helferlein auf der einen Seite, was auf der anderen passiert? Dieser Frage ist die Studienleiterin mit Co-Autor Valentin Mitterer und einem Forschungsteam aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz nachgegangen und hat das Rätsel um die Kommunikation über eine verhältnismäßig große Distanz gelöst: „Wir haben ein Protein entdeckt, das durch einen Teil des Ribosoms hindurchreicht und den Austausch zwischen beiden Seiten ermöglicht“, erklärt sie. Die ersten „Handgriffe“ im Zuge des „Neubaus“ passieren unabhängig voneinander, vor bestimmten Schlüsselschritten gibt es aber einen Checkpunkt, um den Prozess zu koordinieren.
Erst kürzlich hat Pertschy, mit Ingrid Rössler als Erstautorin, einen Artikel im Magazin Nucleic Acids Research veröffentlicht mit neuen Erkenntnissen zu Schutzfaktoren, die den Transport von „Baumaterial“ für die Ribosomenbiogenese in die Zellkerne sicherstellen.
Publikation:
Valentin Mitterer, Ramtin Shayan, Sébastien Ferreira-Cerca, Guillaume Murat, Tanja Enne, Danka Rinaldi, Sarah Weigl, Hajrija Omanic, Pierre-Emmanuel Gleizes, Dieter Kressler, Celia Plisson-Chastang und Brigitte Pertschy, „Conformational proofreading of distant 40S ribosomal subunit maturation events by a long-range communication mechanism, Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-019-10678-z